Trennung braucht Traute

Das Thema Trennung ist allgegenwärtig, wird aber äußerst ungern angefasst. Es ist zu belastend. Und wird immer wie ein Tabu behandelt. Dabei tun wir es ständig. Im Beruf, im Studium, im ehrenamtlichen Engagement, im Privatleben. Wir trennen uns. Oder denken darüber nach. Zaudern, verzettteln uns, vollziehen sie – und hadern im Nachhinein.

Wir trennen uns von Menschen, von Freunden und Freundinnen, von Partnern, Mitarbeitern, Chefs. Von Jobs, von Materie, von Zielen. Für all diese Trennungen gilt:

Jede Trennung braucht Traute

Nur Traute jedoch genügt keinesfalls. Und kluge Sprüche wie „wer die Hände frei haben will muss los lassen“ können auch gefährliche Wirkung haben. Vielleicht doch besser den Handlauf der Rolltreppe benutzen!

Ich beginne hier willkürlich mit der Trennung von Zielen. Denn es ist egal, womit ich einsteige: Ziele, Menschen, Materie – sie hängen doch alle eng zusammen. Wer je nach dem Ende einer Partnerschaft sich neu orientierte und den Wohnort wechselte, weiß von was ich hier rede… Manche Ziele sollte ich überdenken und dann über Bord werfen, denn:

Ziele: Ewige Baustellen kosten Kraft

Kennen Sie das? Im Kopf und in manch einem Gespräch hören Sie sich selbst sagen „irgendwann mache ich das fertig“ oder „ich wollte mindestens einmal im Leben…“

Achtung, vielleicht saugt hier ein Energieräuber Ihre Power ab! Ja klar, wir beginnen viele Dinge. Eine Ausbildung, das Restaurieren von alten Korbstühlen, eine Sportart. Investieren ordentlich. Und dann geschieht etwas und wir unterbrechen. Verlassen den Zeitplan (so es überhaupt einen gab) und wenden uns anderen Notwendigkeiten zu.

Ich kenne Menschen, die seit zehn Jahren ihre angefangene Doktorarbeit in großen Umzugskisten aufbewahren. Die Daten längst veraltet. Oder ich selbst… sammle Kartons, weil ich ja irgendwann mal beginnen will, all mein überflüssiges Zeug bei Ebay zu verkaufen…

Im Workshop „Zeitmanagement und Selbstmotivation“ plädiere ich für eine Entscheidung, um dieser ewigen Baustellen Herr zu werden:

1. Einen Plan machen und jetzt fertig bauen

Häufigste Antwort auf diesen Vorschlag ist: „Nein, JETZT geht das nicht, ABER… “ und wer dann nachfragt, hört keineswegs ein konkretes Kalenderdatum. Tja, so bleibt der Gute-Laune-Räuber am Leben.

2. Termin setzen und bis dahin die Baugrube schützen

damit niemand hinein fällt. Das ist meist okay. Oft sogar ratsam: Wer seine Memoiren schreiben will, sollte keinesfalls zuvor alles weg werfen, was mit Vergangenheit zu tun hat. Doch wenn der Termin zur Fertigstellung dauernd verschoben wird oder sehr unbestimmt bleibt: Tja… siehe oben.

3. Abbrechen und für immer zuschütten.

Das fällt uns besonders schwer, denn damit wäre ja die ganze Investition unnötig gewesen und nun verloren. Wir trennen uns äußerst schwer von etwas, für das wir bereits investiert haben. Schön blöd. Vielleicht gelingt verkaufen, oft aber nicht. Wer kauft schon verschlissene Ohrensessel für den ideellen Preis, den ich daran hefte, weil meine Oma einst darin saß?

Trennung braucht Entscheidung

Wenn die Entscheidung eine gute werden soll, dann sollte sie sowohl auf Analyse wie auch auf Intuition beruhen.

Intuition? Ja genau: das Gefühl. Im Bauch, oder wo auch immer es angesiedelt sein soll. Nein, bitte nicht im blind gehorchen, sondern es wahrnehmen, hinterfragen, prüfen. Oft weist es uns einen Weg, mitunter aber doch die falsche Richtung.

Analyse meint an dieser Stelle: Kosten, Nutzen, Chancen, Risiken. Ist nicht so simpel, wie es hier klingt, weil oft nicht kalkulierbar. Und dennoch: Unternehmer wissen sehr genau, wie teuer Lagerraum ist. Mieter auch, aber sie ignorieren das gerne und stellen ihre alten Schätzchen in den Keller, der dafür nicht geeignet ist. Ganz schlimm ist es bei Hausbesitzern… Keller, Garage, Dachboden… alles SODA-Räume. Die sind ja SOwieso DA. Und kosten doch. Zumindest gute Laune, wann immer der Blick dort landet.

Gemein sind die kleinen Ängste, die uns an der Entscheidung hindern. Wir fürchten, sie werde teuer, ungeahnte Folgen nach sich ziehen, unser Image beschädigen, zu stetiger Einsamkeit oder Arbeitslosigkeit führen, qualvolles Bedauern auslösen.

Ich empfehle gerne, wenn es um die Befürchtung „das könnte mir schon morgen furchtbar leid tun“  das Tool

Sorgen auf dem Prüfstand - Premium Tool aus den Workshops zum Download - 9 Seiten„Sorgen auf den Prüfstand.“

Und gegen die Mürbe-Technik „hätte ich doch nur…“ rate ich zu sauberer Vorbereitung von Entscheidungen und dann zur Autosuggestion: „Ich hatte es gut geprüft und dann entschieden. Und jetzt stehe ich dazu.“

Diese Aussage ist auch wirksam, wenn Klugmenschen hinterher kommen und sagen „da hättest du aber…!“

Trennung von Materie

Aufräum-Ratgeber empfehlen „frag nicht, was du noch gebrauchen könntest, sondern was du NUTZT.“ Wie lange diesen Pulli nicht mehr getragen…?

Wer nachrechnet, findet schnell heraus, dass die im Baumarkt mit Mengenrabatt gekauften Gebinde nicht nur für die geplante Fläche doch zu groß = zu teuer sind, sondern im Keller viel Raum nehmen und bei der nächsten Renovierung leider doch eingetrocknet sind.

Ich durfte vor Jahren miterleben, wie ein beruflich bedingter Umzug nach Übersee organisiert wurde. Der Arbeitgeber übernahm sehr kulant die Kosten für den Transport-Container. Aber er weigerte sich konsequent, Lagerraum im Heimatland anzumieten, um dort etwas „Wichtiges“ unterzustellen. Es stünde gewiss heute noch dort und verschlänge Mietgebühren.

Trennung von Menschen

Darüber könnte man Bücher schreiben. Es gibt auch schon welche.

An einem habe ich sogar mitgeschrieben: trennungs-kulturTrennungs-Kultur. Hier geht es darum, wenn Führungskräfte sich von Mitarbeitern trennen.

Heikel. Ob im Beruf oder privat. Und doch auch irgendwie normal. Aber nahezu immer mit Gefühlen, oft mit Kränkungen und Enttäuschungen verbunden.

Und dennoch vertrete ich zwei Thesen:

  1. Trennung mit Wertschätzung ist möglich. Man kann es auch „gut machen“. Sogar langjährige Partnerschaften können ohne Rosenkrieg gelöst werden. Wenn beide Seiten dazu willens und imstande sind.
  2. Auch im ganz persönlichen Bereich, zum Beispiel bei Freundschaften, kann die Trennung sinnvoll, nötig und richtig sein. Das heißt keineswegs, dass die Freundschaft zuvor keine war. Es kann hingegen sehr wohl bedeuten, dass nun die Wege eben nicht mehr gemeinsam beschritten werden.

Wie das geht, eine enge persönliche Bindung sogar liebevoll aufzulösen? Trennungs-Modalitäten gemeinsam zu vereinbaren? Vielleicht mehr dazu einem gesonderten Beitrag.

Klar jedoch schon jetzt:

Trennungen brauchen Tools und Traute. Nur eines davon genügt keinesfalls.